Fabian Hischmann

Am letzten Veranstaltungstag, dem 12. Juli, bietet sich die Möglichkeit, eine Lesung in ungewohnter Atmosphäre und mit einem besonderen Autor zu erleben: In der Böheimstraße 47a, einer Stuttgarter WG, wird Fabian Hischmann, Neuling im Prosabetrieb, unter anderem einen Einblick in seinen Debütroman Am Ende schmeissen wir mit Gold geben. Sein Debüt wurde 2014 für den Leipziger Buchpreis nominiert, indes von Zeitschriften wie der taz, dem Stern und der Zeit verrissen – dieser Roman spaltet die Literaturkritiker.

Hischmanns Debüt ist im Großen und Ganzen eine Coming-of-Age-Geschichte ohne wirkliches Happy-End. Man begleitet einen jungen Erwachsenen namens Max Flieger auf dem schweren Pfad der Identitätsfindung. Unverarbeitete Kindheitserinnerungen und zermürbende Zukunftsängste plagen diesen zunehmend. Die Suche nach dem „Ich“ bezieht sich vor allem auf Sexualität (Monogamie oder Polygamie? Homo- Hetero- oder Bisexualität?), Berufsauswahl (Kinder unterrichten oder Tierfilme drehen?) und Lebensstil (kommunenhaftes Leben im Heimatdorf oder anonymes Leben in der neuen, großen Stadt?). Es ist ein Portrait der Generation der „Unentschlossenen“: gelähmt durch die Unfähigkeit Entscheidungen zu fällen, gelangweilt wegen der Unfähigkeit Begeisterung für etwas zu entwickeln. Auch die Angst vor der Einsamkeit steht auf der Roman-Agenda. Sie drangsaliert nicht nur den Protagonisten, sondern laut Hischmann jeden jungen Erwachsenen. In einem Interview mit dem Magazin in.puncto verrät er seiner Gesprächspartnerin Nicole Köster: „Ich habe noch nie jemanden getroffen, der nicht Angst davor hat, irgendwie später ganz allein dazustehen. Und Max hat Angst davor. Valentin hat Angst davor. Du hast wahrscheinlich auch Angst davor. Ich habe Angst davor“. Als wären die Ängste und die Orientierungslosigkeit in dieser Lebensphase nicht tragisch genug, leidet der schizophren-anmutende, gewaltbereite Protagonist auch noch unter Wahnvorstellungen und Tötungsphantasien. „PENG!“ dröhnt es immer wieder in Max‘ Ohren. „PENG!“ – reißt es den Leser immer wieder aus dem Lesefluss, stimmt ihn nachdenklich. Für andere Menschen nicht hörbar, ist dieser Knall Max‘ einzig ständiger Wegbegleiter, ein Zaunpfahlhinweis an den Leser, dass es dem Protagonisten an geistiger Gesundheit fehlt.

Immerhin ist Am Ende schmeissen wir mit Gold auf sprachlicher Ebene leichter zu verdauen. Durch seine gewollt kunstlose Prosa und mithilfe einer kleinen Dosis Jugendsprache gelingt es Hischmann eine gewisse Nähe zum Alltäglichen und zum Gegenwärtigen aufzubauen. Einerseits für jedermann konsumierbar, andererseits für ein bestimmtes Publikum gedacht: Vor allem die Leser, bei denen noch ein altes Paar Vans-Slippers im Schrank versteckt liegt, ein Ritt auf Fuchur mal ganz oben auf der Wunschliste stand und die Songlyrics von Oasis niemals aus dem Langzeitgedächtnis gelöscht werden können, dürfen während der Lektüre in eigenen Erinnerungen schwelgen.

Hischmanns Roman geht weit über den normalen Wahnsinn des Trauerspiels, das sich Leben nennt, hinaus und führt den Leser in die Abgründe der menschlichen Psyche. Sein Debüt hat ein bisschen etwas von Christian Kracht (Faserland), ein bisschen mehr von Chuck Palahniuk (Fight Club), und ganz viel von Fabian Hischmann – eine explosive Mischung. PENG!

Veröffentlicht von Marlon Föll, Charline Medernach und Sven Langjahr.